Eingezogen bin ich nun in den Palazzo Barbarigo della Terazza am Canal Grande, um das Venedig-Stipendium der BKM wahrzunehmen. Überwältigend ist die sanft vor sich hin bröckelnde, morbide Schönheit der Stadt, niederschmetternd die umfassende Verkitschung, die aufgeputschte Disneyland-Atmosphäre. Nahe der Vaporetta-Station Arsenal stehen hunderte von Menschen Schlange – nicht etwa wegen der Biennale, sondern wegen des Schulschiffs „Amerigo Vespucci“, einer überdimensionierten Hochglanzkopie jenes Gefährts, das einst die Neue Welt erreicht hat. Nach meiner Rückkehr von der Kunstausstellung entdecke ich im ausgetrockneten Brunnenbecken unter meinen Fenstern eine tote Möwe im Albatrosformat. Der Tod in Venedig zum Anfassen nahe. Oder ist es etwa eine künstlerische Installation? Oder vielmehr eine inszenierte Reproduktion wie der Großsegler am Arsenal?
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Neu aufgelegt: Zwei meiner Gedichte aus dem mehrfach ausgezeichneten Zyklus gewölk sind seit heute online auf...